Die Schönecker Eierlage

Die Schönecker Eierlage ist einer der ältesten Osterbräuche in Westeuropa und sicherlich ein Höhepunkt im Jahresablauf im Burgflecken.

Der spannende Wettkampf zweier junger Läufer wird von der Schönecker Junggesellen-Sodalität (Zalditschen) in nahezu unveränderter Form seit mehreren Jahrhunderten alljährlich am Ostermontag ausgetragen und ist ein wahrer Publikumsmagnet.

Der Überlieferung nach ist die Eierlage um das Jahr 1500 entstanden. Ein Raffer und ein Läufer treten gegeneinander an. Der Läufer muss ins 3,6 km entfernte Seiwerath laufen und mit einer Bestätigung des dortigen Bürgermeisters zurückkommen. Dabei muss er 122 Höhenmeter überwinden.

Der Raffer muss in der Zwischenzeit 104 Eier, die im Abstand einer Elle (0,625 m) in einer Linie liegen, nacheinander einzeln aufraffen und in den am am Anfang der Eierlinie bereitgestellten Korb legen, ohne ein Ei zu beschädigen. Er legt hierbei insgesamt 6,6 km zurück, obwohl die Strecke der ausgelegten Eier nur 65 m beträgt. Das letzte Ei darf er auf dem Weg zum Ziel in die Luft werfen. Sieger ist, wer seine Aufgabe als Erster erledigt hat.

Hier gelangen Sie zur Seite der Junggesellensodalität Schönecken:

www.eierlage.de
 

Das älteste Dokument zur Eierlage ist eine Urkunde aus dem Jahre 1764. In dieser wurde festgehalten, dass der Brauch, soweit sich die Zeugen erinnerten, nie anders stattgefunden habe und sie es auch von ihren Vorfahren nie anders gehört hätten.

Im Jahr 1870 verfasste der damalige Protokollführer der Junggesellensodalität, Franz Hack, den folgenden Text zur Entstehung und zum Ablauf der Schönecker Eierlage:

Zur Zeit, im Jahre 1500 nämlich, als die Dynasten von Schönecken ihr unfern des Fleckens auf steiler Bergeshöhe gelegenes Schloß bewohnten, fanden sich in Schönecken 14 Junker (Rittergutsbesitzer), welche nach damaliger Sitte der Vornehmen und Edlen außer ihrer gewöhnlichen Bedienung noch einige junge Leute zur Besorgung ihrer Aufträge hielten, die sie Läufer nannten.

Wie es nun bei Rittern und Junkern keine Seltenheit war, daß sie wegen Geringfügigkeiten in Zank und Fehde gerieten, so entstanden auch unter diesen bei ihren Zechgelagen öfters Neckereien und Streitigkeiten ihrer Läufer wegen, da jeder den schnellfüßigsten haben wollte. Dieses führte dann meistens zu Wetten, in Folge deren die Tüchtigkeit der Läufer erprobt wurde.

Dieses Wettlaufen wurde so allmählich zu einer Belustigung für die Junker und das Volk und fand dann regelmäßig an bestimmten Tagen und meistens zu Ostern statt. Zu diesem Zwecke wurde die Entfernung von Schönecken bis Niederhersdorf, dem ungefähr dreiviertel Stunde entfernten Dorfe, ausgemessen und die dortige Kirchtüre als Ziel bezeichnet.

Je nachdem nun die Witterung günstig war, wurden 100 bis 110 Eier in den oberen Straßen Schöneckens auf den Boden gelegt, und zwar jedes Ei eine Elle von dem anderen entfernt. Die beiden Läufer erschienen hierauf in ihrem Anzug, nur mit einem kleinen Abzeichen an der Mütze versehen und zugleich die 14 Junker, sämtliche Bewohner der Burg, des Ortes und der nächsten Umgebung. Die Läufer zählten nun unter Aufsicht der Junker und der Ortspolizei die hingelegten Eier und nachdem jedem durch das Los seine Aufgabe zugewiesen worden, gaben sie sich Kuß und Handschlag, worauf das Laufen und Raffen begann.

Der Raffer mußte die Eier, eins nach dem anderen, in dem am Ende der Eierlinie aufgestellten Korb tragen, der Läufer aber inzwischen nach Hersdorf laufen und auf die Kirchtüre daselbst ein großes Kreuz mit Kreide machen, wodurch er sein wirkliches Dagewesensein zu beweisen hatte. Waren sämtliche Eier aufgerafft, bevor der Läufer zurückgekehrt war, so wurde der Läufer von der Musik und dem lauten Jubel des Volkes empfangen und so zu dem Raffer hingeführt.

Bei ihrer Zusammenkunft gaben sich wieder beide Kuß und Handschlag und erhielten, sowohl der Raffer als der Läufer, von den Anwesenden ein Trinkgeld. Die Junker, der Läufer und Raffer und die Burgbewohner zogen nun auf die Burg, wo bereits Vorkehrungen zu einem Balle getroffen waren und die Wette verzehrt wurde.

Nachdem nun die Ritter- und Junkerherrschaft in den Wogen der Zeit untergegangen war, wurde diese Festlichkeit zu einem allgemeinen Volksfest, welches die Bürger des Ortes jährlich einmal, und zwar am Ostermontag feiern.

Später übernahm die Sodalität des Fleckens im Verein mit den Bürgern und noch später die Sodalität in Gemeinschaft mit den Jungfrauen des Fleckens die Verwaltung dieses Festes. Die Jungfrauen erkoren sich junge Männer und die Sodalität erkor sich ebenfalls solche und dann wurde gegenseitig gewettet. Am Abend aber fand ein Ball und der Verzehr der Wette statt.

So hat sich dieses Volksfest auf unsere Zeit erhalten und findet alljährlich bei günstiger Witterung am Ostermontag, bei ungünstiger Witterung aber am Pfingstmontag statt.

Von der Junggesellensodalität geht noch immer das Fest aus und ihre Mitglieder sind Leiter und Ordner desselben. Diese treten 8 Tage vorher, auf Palmsonntag, zusammen, um sich über die vorher zu treffenden Anstalten zu beraten und das Nötige zu veranlassen. Sobald das geschehen ist, werden zwei junge Leute, die sich entweder freiwillig dazu erboten haben, oder durch Wahl dazu bestimmt werden, der eine als Raffer, der andere als Läufer, angenommen. Die Festlichkeiten nehmen an einem vorerwähnten Tage, gleich nach Beendigung des nachmittägigen Gottesdienstes ihren Anfang.

Zu diesem Zwecke versammelt sich die Festgesellschaft in dem Vereinslokal der Sodalität bis zur bestimmten Zeit; als dann erst setzt sich der Zug in Bewegung. An der Spitze die flatternden Fahnen, die Musik und hierauf die beiden Helden des Tages in weißen mit roten Schnüren verbrämten Anzügen, hübsch Arm in Arm, dann die übrigen Mitglieder der Festgesellschaft, alle in festlicher Kleidung. So ziehen sie der Stelle zu, wo der Kampf anheben soll. Mittlerweile werden 104 Eier in gerader Linie, jedes einen Schritt von dem anderen entfernt, auf die Erde hingelegt.

Sobald der Zug hier angelangt, pflanzen sich auf das Kommando des Zugführers die Mitglieder der Gesellschaft als Schutzmannschaft in langer Linie entlang der hingelegten Eier auf und nachdem die Zahl und die Entfernung der hingelegten Eier durch Raffer und Läufer für richtig befunden worden ist, wird durch einen Böllerschuß und Tusch der Musik das Signal zum Beginn des Wettkampfes gegeben. Die beiden Kämpfer trennen sich unter Kuß und Handschlag und das Laufen und Einraffen beginnt unter lautem Jubel der Volksmenge. Der Raffer hat die 104 Eier, eines nach dem anderen in den an einem Ende der Eierlinie befindlichen Korb zu tragen.

Er darf nie mehr als ein Ei nehmen, dabei steht es ihm aber frei, anzufangen und die Eier aufzunehmen, wo es ihm beliebt. Es darf aber kein Ei zerbrochen werden. Störungen in der Umgebung des Raffers sind streng untersagt.

Inzwischen hat nun der Läufer, da der Weg zu der früher zu diesem Zweck bestimmt gewesenen Station Hersdorf zu schlecht ist, nach dem eine starke halbe Stunde weit entfernten, auf einer ziemlich bedeutenden Anhöhe liegenden Dorfe Seiwerath zu laufen und von dem dortigen Barriere-Empfänger eine Bescheinigung in Empfang zu nehmen, um damit bei seiner Rückkehr sein wirkliches Dagewesensein zu beweisen. Sein Rücklauf, sobald er auf einer Höhe, „Kemel" genannt, dem neugierig harrenden Volke wieder sichtbar, wird durch Böllerschüsse und Musik angekündigt. Ist der Läufer zurückgekehrt ehe sämtliche Eier aufgerafft und in den Korb gebracht sind, wo wird er als Sieger unter dem Donner der Böller, einem Tusch der Musik und einem dreimaligen Hoch empfangen und zu dem Raffer hingeführt. Gewinnt aber der Raffer, so wird er auf dieselbe Weise dem Läufer entgegengeführt. Bei ihrer Zusammenkunft geben sie sich wieder Kuß und Handschlag und dem Sieger wird ein Blumensträußchen an die Brust befestigt. Die ganze Festgesellschaft setzt sich nun in militärischer Ordnung in Bewegung und zieht nach dem Ballokal, wo sogleich Musik und Tanz beginnen und damit wird das Fest geschlossen.

Seit mehreren Jahren wird das Raffen und Laufen unter von dem Vorstande der Sodalität schriftlich entworfenen Bedingungen öffentlich versteigert, wozu aber nur die Mitglieder der Sodalität zugelassen werden und wird dem Raffer und Läufer die Verdingungssumme erst nach vollendetem Geschäft ausgezahlt. Nebenbei erhält der Sieger eine Renumeration wenn er das Geschäft in der in den Bedingungen festgesetzten Zeit ausführt.

Im Spätsommer findet abermals in Folge der zwischen der Junggesellensodalität und den Jungfrauen stattgefundenen Wette ein Ball statt, bei welchem die Wette verzehrt wird.

Franz Hack, Schriftführer